Die ehrenamtlichen "Helfer vor Ort" - HvO
Die Helfer vor Ort (HvO) überbrücken wertvolle Zeit, wenn der Rettungswagen gerade im Einsatz ist - auf ehrenamtlicher Basis
Immer mal wieder passiert es Franziska Diermeier, wenn sie am Einsatzort eintrifft, dass man sie für eine Notärztin hält. Tatsächlich kann sich dieser Eindruck leicht aufdrängen, schließlich sieht ihr Skoda-Kombi mit Blaulicht und typischer BRK-Lackierung einem Notarztwagen zum Verwechseln ähnlich. Doch auch wenn sie oft die erste ist, die Verletzte versorgt - eine Ärztin ist Diermeier nicht.
Vielmehr engagiert sich die hauptamtliche Rettungsassistentin als eine von mehreren Helfern vor Ort (HvO), die beim BRK Kreisverband Schwandorf ihren Dienst versehen. Diese Retter in der Not sind ausschließlich auf freiwilliger Basis tätig, ganz unentgeltlich in ihrer Freizeit. Sie alle können meist langjährige Erfahrungen als ehrenamtliche Rettungskräfte vorweisen und sind bestens ausgebildet, um bei Notfällen aller Art fachkundig zu helfen. Beides sind wichtige Grundvoraussetzung für den späteren Dienst, wie Diermeier und ihr Kollege Thomas Wild von der BRK Bereitschaft Maxhütte-Haidhof unterstreichen, der selbst als HvO am Standort Maxhütte-Haidhof aktiv ist. Denn die äußerst anspruchsvoll Aufgabe zählt zu den verantwortungsvollsten Tätigkeiten, die man im ehrenamtlichen Rettungswesen übernehmen kann. "Da gehört schon eine gewisse Erfahrung dazu, um auch Notfälle und Erkrankungen erkennen zu können", sagt Wild, der hauptberuflich als Elektriker arbeitet.
Alarmiert werden die HvO von der ILS Amberg immer dann, wenn die örtlichen Rettungswagen bereits anderweitig im Einsatz sind. Dann nämlich müssen erst die Retter aus den umliegenden Gemeinden anrücken, um den Patienten zu versorgen. Je nach Verkehrslage kann das aber durchaus acht bis 15 Minuten dauern - das wiederum kostet mitunter wertvolle Zeit, die gerade bei akuten Notfällen entscheidend sein kann. Bei einem Herzstillstand etwa sterben schon nach zwei Minuten erste Gehirnzellen ab, nach zehn Minuten ohne Reanimation drohen gar schwere Hirnschäden. Darüber hinaus werden die Ehrenamtlichen bei gewissen Einsatzstichworten grundsätzlich gerufen, auch wenn der reguläre Rettungsdienst verfügbar ist. So etwa bei einer Reanimation oder bei einem Kindernotfall, wie Diermeier erklärt, wenn im Einsatz viele helfende Hände und professionelle Unterstützung für die hauptamtlichen Kollegen gefragt sind. Genau in solchen Situationen sind die Ehrenamtlichen Gold wert.
Immerhin eilen diese zu jeder Tages- und Nachtzeit mit Blaulicht und Martinshorn an die Einsatzstelle; meist sind sie spätestens fünf Minuten nach der Alarmierung am Ort des Geschehens. Dort angekommen, können sie in den ersten Minuten eigenständig und ohne weitere Unterstützung die vollständige Erstversorgung übernehmen, bis die Kollegen des hauptamtlichen Rettungsdienstes eintreffen.
Große Unterschiede in der Versorgung gebe es laut Wild nicht, in den ersten Minuten sei diese praktisch identisch. Dazu haben sie sogar einen kompletten Notfallrucksack sowie verschiedene Hilfsmittel im Gepäck, darunter eine Sauerstoffflasche und einen Defibrillator. "Es geht schlicht und einfach um eine qualifizierte Erste Hilfe", beschreibt Wild das Prinzip hinter seinem ehrenamtlichem Engagement. "Das ist für die Patienten ein echter Zeitgewinn." Wie recht er damit hat, bestätigte im April sogar die ADAC-Stiftung. In einer Studie haben deren Forscher untersucht, welches Potenzial diese Ersthelfergruppen in der Praxis haben. Demnach zeige sich "im Mittel" ein "Zeitvorsprung" von bis zu fünf Minuten gegenüber dem öffentlichen Rettungsdienst. Die Stiftung veranlasste das zu der Empfehlung, die entsprechenden Strukturen, die in Bayern engamischer als in anderen Bundesländern aufgestellt sind, bundesweit möglichst noch auszubauen.
Im Landkreis Schwandorf unterhält allein das BRK acht solcher HvO-Gruppen, davon kamen die Retter in #Schwandorf 2018 auf über 200 Einsätze und die in Maxhütte-Haidhof auf genau 444 Einsätze. Zudem gibt es noch einen HvO der Johanniter in Trisching sowie vier "First Responder" in Nittenau, Winklarn, Teunz und Oberviechtach, die zwar dasselbe leisten, allerdings durch die dortigen Feuerwehren betrieben besetzt werden. So wird eine flächendeckende Versorgung mit professionellen #Ersthelfern sichergestellt, gerade um auch bei Notfällen im ländlichen Raum möglichst schnell reagieren und helfen zu können. Dramatische Einsätze wie eine Reanimation oder ein Kindernotfall sind für die beiden BRK-Helfer zum Glück eher die Ausnahme. "Das macht vielleicht fünf Prozent unserer Arbeit aus", schätzt Diermeier, die selbst bereits eine Kinderreanimation unterstützen musste. Den Einsatzalltag bestimmen dagegen Notfälle, bei denen das Leben nicht gleich akut bedroht ist - zum Beispiel Schnittwunden, der klassische Kreislaufkollaps, Platzwunden oder aber Stürze. "Da ist ein großes Spektrum an Einsätzen dabei", weiß die ehrenamtliche Helferin. Menschen in solchen Situationen schnell helfen zu können - genau das ist die tägliche Motivation für die beiden Retter, wenn sie wieder zum Dienst antreten. Diermeier und Wild übernehmen dieses Ehrenamt inzwischen seit 2012, der HvO selbst wurde 1997 in Schwandorf und Maxhütte eingeführt.
Und obwohl kaum jemand um den Einsatz weiß, den diese Helfer leisten, sind sie doch längst eine wichtige Ergänzung für die Rettungskette. Auch die Integrierte Leitstelle in Amberg weiß dieses Engagement zu schätzen. "Für uns ist das eine sehr wichtige Einheit, weil sie einfach die Zeit verkürzen können, bis der Rettungsdienst da ist", lobt deren stellvertretender Leiter Stefan Brunner das freiwillige Angebot der Hilfsorganisationen, das diese selbstständig finanzieren. Besonders bei akuten und zeitkritischen Notfällen sei das "ein wertvoller Baustein".